Strong Voices Interview #13: Angelika Schindler-Obenhaus – CEO Gerry Weber
ÜBER ANGELIKA:
„Sei mutig, verlasse deine Komfortzone, erkenne deine Leidenschaft für etwas, finde deine ‚Berufung‘ und finde einen Mentor – und vor allem: sei du selbst.“ - Angelika Schindler-Obenhaus
UNSERE FRAGEN:
Du bist die erste weibliche CEO von Gerry Weber. Ein Unternehmen, das sicher noch die eine oder andere Herausforderung vor sich hat. Wie gehst du mit Herausforderungen um?
Ich mag Herausforderungen! Herausforderungen helfen dabei, die eigene Komfortzone zu verlassen. Durch Herausforderungen lernt man immer wieder etwas Neues. Sie sind essenziell für Innovation, Fortschritt, Entwicklung und den Fortbestand von Unternehmen.
Obwohl der Frauenanteil in der Modebranche tendenziell höher ist, sind die Top-Management-Positionen in vielen Modeunternehmen noch immer überwiegend von Männern besetzt. Hast du als Frau in einer Führungsposition manchmal „Schwierigkeiten“? Wie überwindest du sie und welchen Rat würdest du anderen Frauen geben?
Bei Gerry Weber haben wir ein vorbildliches Setup. Von 50% bis 33% und 45% in den ersten drei Führungsebenen arbeiten wir in sehr gut aufgestellten gemischten Teams.
Ich persönlich wurde auf meinem Lebensweg, der so nie geplant war, immer von Männern unterstützt. Sie haben immer Fähigkeiten in mir erkannt, die ich mir wahrscheinlich nie zugetraut hätte. Ich musste immer nur die innere Stimme in mir überzeugen, die sagte: „Kannst du das überhaupt?" Aber am Ende bin ich ein offener, neugieriger Mensch, der auch mutig sein kann und weiss, wofür ich brenne. Das ist eigentlich das Einzige, was ich Frauen heute rate: Sei mutig, verlasse deine Komfortzone, erkenne deine Leidenschaft für etwas, finde deine „Berufung“ und finde einen Mentor. Zu einer Führungsposition gehören sicherlich auch Authentizität und die eigene Meinung vertreten zu können, auch wenn diese gegen den Mainstream ist.
Gibt es ein Motto, ein Zitat oder eine Einstellung, wonach du versuchst zu leben?
Definitiv: „Sei du selbst! Alle anderen sind schon vergeben.“ - von Oscar Wilde.
In einem deiner Interviews habe ich gelesen, dass du als kinderlose Frau oft als „Karrierefrau“ abgestempelt wirst, während Mütter, die ihre Kinder zum Beispiel zu früh in die Kita geben, sich als „schlechte Mütter“ rechtfertigen müssen. Ich stimme dir zu, dass es einen Wandel in der Gesellschaft geben muss. Was möchtest du unserer „Gesellschaft“ zu diesem Thema mitteilen?
Ich hoffe, dass unsere Gesellschaft dieses Thema nicht mehr lange diskutieren wird. Es passt nicht in unser Zeitalter der Digitalisierung. Die nachfolgenden Generationen leben bereits in anderen Partnerschaften. Ein Unternehmen zu gründen ist heute im Bereich des Möglichen. Das bedeutet hoffentlich auch, dass sich ein Leben mit Berufung und Kindern nicht mehr ausschliesst. Dass auch Männer zu Hause bleiben können, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Unsere Regierung muss dafür nur bessere Rahmenbedingungen schaffen: Reform des Elterngeldes, Familiensplitting statt Ehegattensplitting, Stay-on-Board soll auch auf andere Unternehmen ausgerollt werden, Gleichberechtigung verschiedener Lebensentwürfe neben der klassischen Ehe. Und nicht zuletzt soll es auch gesellschaftlich anerkannt werden, wenn sich eine Frau gegen Kinder entscheidet.
Und da im Interview bereits gesagt wurde, welchen Rat du jüngeren Frauen geben würdest, meine Frage: Welcher Rat (von deinem Mentor, Vorgesetzten o.ä.) hat dir in deiner Entwicklung am meisten geholfen?
Am meisten half mir meine Grundschullehrerin Frau Ahrends, die meine Eltern davon überzeugte, mich an einer weiterführenden Schule anzumelden.